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Der Wächter mit den roten Beinen
der Rotschenkel Wer den Namen hört, weiß, wer gemeint ist, denn die roten Beine des ansonsten eher schlicht gefärbten Watvogels sind zusammen mit seinem langen, roten Schnabel mit dunkler Spitze ein wirklich auffälliges Merkmal: Rotschenkel heißt er. Auch sein Ruf ist so charakteristisch, dass er in manchen Regionen danach benannt wird: Tüdelüer, Tüütje oder Tüter. Sein Flugruf klingt nämlich wie „tjü-hü-hü“, während des Balzfluges ertönt ein langsames „tjüh-tjüh- tjüh...“ Sie werden diesen Vogel nicht übersehen oder überhören können, wenn Sie jetzt zur Brutzeit (Ende März bis Juli) auf einem der Wanderwege oder Lehrpfade durch die Salzwiesen im Nationalpark gehen, denn Rotschenkel sind sehr wachsam und unruhig. Von einer erhöhten Warte aus sichern die Vögel ihr Brutrevier. Sobald Sie ihnen zu nahe kommen, warnen sie hartnäckig
„Kly-kly-kly..“, um dann im letzten Moment mit einem „Tüht“ davon zu fliegen. Schon Tiervater Brehm war das mutige Verhalten des Rotschenkels bekannt. 1927 schrieb er dazu: „Seinesgleichen gegenüber wenig gesellig, kommt er doch bei Gefahr und Not schreiend herbeigeflogen, als wolle er helfen, raten, warnen, und setzt am Brutplatz sein Leben gewöhnlich dreist aufs Spiel“.
Weil geeignete Aussichtspunkte Mangelware in den Salzwiesen sind, treffen Sie diesen tapferen Vogel oft auf Zaunpfählen und Schildern an, weithin sichtbar. Das Nest aber, eine Mulde am Boden, legt das Männchen sehr versteckt an, am liebsten in hoher Vegetation, wo es für Feinde aus der Luft kaum zu finden ist. Besonders gute Verstecke in den Salzwiesen versprechen einen guten Bruterfolg und werden zuerst besetzt. Wer zu spät aus seinem Winterquartier kommt, muss mit weniger geeigneten Kinderstuben Vorlieb nehmen. Im Nationalpark gibt es aber zum Glück sehr viele geeignete Brutplätze, denn viele Salzwiesen werden nicht mehr beweidet oder gemäht. Hier können auch die Jungen, die wie bei allen Watvögeln Nestflüchter sind, zunächst an Prielen und Blänken ganz „heimlich“ auf Futtersuche gehen. Vor allem auf den Inseln, wo die Vögel vor Füchsen und anderen räuberischen „Fußgängern“ weitgehend sicher sind, haben Rotschenkel einen guten Bruterfolg. Im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer brüten über 5.000 Paare, gut ein Drittel der gesamten Wattenmeerpopulation!
Dabei ist der Rotschenkel von Beruf gar kein Küstenvogel, früher war er weit verbreitet und siedelte an Gewässern, in Feuchtgebieten und Mooren, auf nassen Wiesen und Viehweiden. Trockenlegung und die Intensivierung der Landwirtschaft vertrieben ihn aber weitgehend aus dem Binnenland. Freuen Sie sich also, wenn Sie auf Ihrem nächsten Spaziergang im Nationalpark den Tüütje hören: In den Wattenmeer-Salzwiesen hat er ein Rückzugsgebiet gefunden.